1. Affekthandlungen

Die Ereignisse des Amoklaufs von Winnenden im März 2009 machen betroffen. Aufgrund meiner eigenen Terrorerlebnissen in früher Kindheit in staatlichen Kinderheimen sind mir Affekthandlungen nicht fremd. Als Heimkind der 1960er Jahre gehörte man zu den sozialen Randgruppen der Gesellschaft und galt als „asozial”, in der Fachwelt als stigmatisiert, d.h. gebrandmarkt und für ein Leben gezeichnet. Mit einem Heimkind wollte man nichts zu tun haben, die Gleichaltrigen hielten Distanz mit Ausnahme der Kinder, die ebenfalls als asozial eingestuft wurden und in entsprechenden Wohnvierteln wohnten. Die Wohnviertel wurden im letzten Jahrhundert weitestgehend aufgelöst und hat den betreffenden Familien neuen Wohnraum in anderen Stadtvierteln geschaffen, um Ghettos zu vermeiden. Die Fachwelt mit ihrer Fachdisziplin Heimpädagogik interessierte sich für diese stigmatisierten Kinder um Lösungen zu finden, sie von ihrem Stigma zu befreien, denn ein Großteil (Schätzungen gehen auf bis zu 80%) ehemaliger Heimkinder wurde/wird kriminell im Jugendlichen- und Erwachsenenleben. Und die Fachwelt laboriert noch heute an möglichen Erklärungs- und Lösungsansätzen für die hohe Kriminalitätsrate ehemaliger Heimkinder. Und nun trifft die pädagogische und psychologische Fachwelt auch noch auf die Probleme von jugendlichen Amokläufern, die aus wohlbehüteten Elternhäusern kommen. Die Fachwelt hat keine Erklärung und zu gerne würde mancher Fachmann-/frau solchen Amokläufern das Attribut „Geistesgestört, schizophren” anhaften und sie als seltene unerklärliche Einzelfälle betrachten, wozu kein Wissenschaftsinteresse besteht. Doch aufgrund des neuerlichen Falles zeigt nun auch die Politik starkes Interesse und will Erklärungen. Berührt hat mich u.a. die starke Betroffenheit der Politik mit ihren Vertretern dem Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin, wobei sogar dem Bundespräsidenten in der Trauerfeier fast die Stimme versagte und mir plötzlich die relative Ohnmacht vor diesen Ereignissen bewusst wurde, d.h. es fehlen Erklärungen und es stellt sich die Frage wie kann man helfen. Nach der Trauerfeier wurde in den Pressemedien veröffentlicht, dass u.a. als eine der ersten Antworten auf den Amok verschärfende Bestimmungen für Killerspiele eingeführt werden sollen. Da kann ich leider nur antworten, dass ist der falsche Zug auf den gesetzt wird und zeigt mir, es wurde noch nichts begriffen. Es sind Affekte, nachwirkende Aktionen aus der „Hitze des Gefechts”. Ich liefere nun die nötigen Erklärungen, die jedoch nicht rein rational begriffen werden können, sondern in der rationalen und irrationalen Verbundenheit wirken, durch die sich die Menschen auszeichnen, natürlich auch ich, denn es gibt nicht den rein rationalen Menschen, der Mensch, der nur seiner Vernunft gehorcht. Jeder Mensch ist auch in seinen Handlungen irrational, d.h. unvernünftig, unerklärlich bzw. nur erklärlich, wenn die Irrationalität begriffen ist.


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